Kaunus und Byblis - Unerwiderte Bruderliebe

 

Kaunus und Byblis. Abguss einer Weimarer Steinkopie von Gottlieb Martin Klauer aus dem Jahr 1779 nach dem Originalabguss des Mannheimer Antikensaals, Gips, 132 cm.

 

 

 

Im neunten Buch seiner Metarmorphosen beschreibt Publius Ovidius Naso die unbändige Liebe des Mädchens Byblis zu ihrem Bruder Kaunus, welcher sie jedoch schroff zurück wies und hierdurch das sehnsüchtige Verlangen der Schwester nur noch mehr verstärkte. In Friedrich Schillers Stück Don Carlos wird der Protagonist von eben diesem ovidschen Thema der vergeblichen Bruderliebe in seinem ohnehin schon aufgewühltem Gemüt, im Anblick der Mannheimer Kanuns und Byblis Gruppe, stark erschüttert. Vor diesem Hintergrund leuchtet die im 18. Jahrhundert populäre Bezeichnung der Mannheimer Gruppe als Kaunus und Byblis durchaus ein.

 

 

 

Das Original des Mannheimer Kaunus und Byblis Abgusses schuf um 1700 der französische Bildhauer Pierre Le Gros indem er die Torsen einer antiken Armor und Psyche Gruppe im Sinne der ovidschen Erzählung ergänzte. Dieses Original befand sich bis mindestens 1752 im Besitz des italienischen Sammlers Conte Anton Maria Fede. Über Umwege gelangte das Original an den Kunsthändler Thomas Jenkins und wurde von diesem im 19. Jahrhundert, wohl im Aussehen stark verändert, auf den Herrensitz Emkendorf bei Kiel und somit in den Besitz des Grafen Fritz Reventlow überführt. Beim Verkauf von dessen Anwesen im Jahr 1929 wurde die sogenannte Fede-Gruppe in ihrem Zwischenlager von einem Feuer fast gänzlich zerstört und gilt seitdem als verschollen. Trotzdem können wir uns ein recht genaues Bild dieser verschollenen Fede-Gruppe machen, besitzen wir doch sowohl eine vorzügliche Rötel-Zeichnung des italienischen Zeichners Pompeo Batoni, als auch das Wissen um mehrere Kopien.

 

 

 

Der Gipsabguss der Kaunus und Byblis Gruppe, welchen wir heute in der Gipsabgusssammlung des Mannheimer Schlosses bewundern können, geht jedoch nicht wie naheliegend auf den ebenfalls verschollenen Originalabguss des Mannheimer Antikensaals zurück. Vielmehr ist der Abguss einer Steinkopie Martin-Gottlieb Klauers nachempfunden, welcher im April 1779 eine Kopie der Mannheimer Kaunus und Byblis Gruppe aus Thüringer Kalkstein für Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar angefertigt hatte. Diese Kopie ist erhalten und wird in der Anna Amalia Bibliothek in Weimar ausgestellt.

 

 

 

 

 

 

 



 



 



 

 


Antikensaal-Mannheim

"In Mannheim angelangt, eilte ich mit größter Begierde, den Antikensaal zu sehen, von dem man viel Rühmens machte. (...) die herrlichsten Statuen des Altertums nicht allein an den Wänden gereiht, sondern auch innerhalb der ganzen Fläche durcheinander aufgestellt; ein Wald von Statuen (...)."
Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit, Dritter Teil, elftes Buch

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